Eine kalte Aussperrung entsteht, wenn ein Betrieb aufgrund eines Streiks bei einem Zulieferer seine Produktion einstellen muss.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Kalte Aussperrung: Definition
Die Kalte Aussperrung tritt vor allem in stark vernetzten Branchen auf, in denen ein Betrieb nicht direkt aussperrt, sondern mit den Konsequenzen von Arbeitskämpfen in anderen Betrieben konfrontiert wird. Man spricht hier von einer indirekten Betroffenheit oder Fernwirkung.
Die Beschäftigten werden infolge einer kalten Aussperrung ohne Entgelt nach Hause geschickt, da der Arbeitgeber darauf hinweist, dass aufgrund eines Streiks oder einer Aussperrung seitens des Zuliefer- oder Abnahmebetriebs keine Arbeit mehr verrichtet werden kann.
Die rationale Begründung der Betriebe für kalte Aussperrung
Der Grund für kalte Aussperrungen von Unternehmen liegt in der Unmöglichkeit einer Weiterproduktion aufgrund fehlender Zulieferteile. Diese Maßnahme wird ergriffen, wenn in anderen Betrieben Streiks oder heiße Aussperrungen stattfinden und somit die Lieferkette unterbrochen ist.
Was ist angebliche Abhängigkeit?
Gewerkschaften behaupten häufig, dass die Annahme einer Abhängigkeit eines Unternehmens mit der kalten Aussperrung unbegründet ist. Eine mögliche angebliche Abhängigkeit vom Zulieferer tritt auf, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern anstelle einer kalten Aussperrung Aufgaben zuweisen könnte, die unabhängig von dem betroffenen Bauteil des bestreikten Zulieferers erledigt werden könnten. Aufgrund der zu erwartenden geringen Wertschöpfung wird jedoch darauf verzichtet.
Was ist echte Abhängigkeit?
Eine echte Abhängigkeit des Unternehmens durch kalte Aussperrung tritt auf, wenn das Unternehmen auf ein bestimmtes Bauteil eines Zulieferers angewiesen ist, um ein Produkt herzustellen. Ohne dieses Bauteil kann das Unternehmen das Produkt nicht fertigstellen, und es besteht keine Möglichkeit, das halbfertige Produkt ohne das betreffende Bauteil zu lagern. Zusätzlich gibt es keine anderen beschäftigungsintensiven Aktivitäten, die das Unternehmen stattdessen durchführen könnte.
Das Recht auf Streik und Aussperrung
Der Streik stellt für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen das letzte Mittel dar, um ihre Interessen durchzusetzen. Obwohl das Streikrecht nicht explizit im Grundgesetz verankert ist, wird der Arbeitskampf in Artikel 9 Absatz 3 Satz 1 GG berührt. Diese Bestimmung regelt jedoch weder die Zulässigkeit von Streiks noch von Aussperrungen. Daher waren das Bundesarbeits- und das Bundesverfassungsgericht gefordert, eine klare inhaltliche Auslegung herbeizuführen.
Im Jahre 1955 erging eine historische Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die den Gewerkschaften erstmals das Recht zum Streik zusprach. Dies war ein wegweisendes Urteil, da es den Gewerkschaften nach über hundert Jahren endlich die staatliche Anerkennung des Rechts auf kollektive Arbeitsniederlegung brachte. Das Gericht stellte jedoch auch fest, dass das Streikrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch das Recht der Arbeitgeber zur Aussperrung begrenzt wird.
Aussperrung während des Streiks für die 35-Stunden-Woche
Insbesondere im Jahr 1984, während des massiven Streiks für die Einführung der 35-Stunden-Woche, griffen Arbeitgeber zur kalten Aussperrung als drastisches Mittel. Die Situation wurde zusätzlich erschwert, da die Arbeitsämter den Beschäftigten in der Metallbranche das Kurzarbeitergeld verweigerten. Die Kohl-Regierung verankerte diese Praxis schließlich im Jahr 1986 in Form des Gesetzes Paragraph 160 SGB III (früher Paragraph 146 SGB III, davor Paragraph 116 AFG). Bis heute fordern die Gewerkschaften die Rücknahme dieses Paragraphen.
Beispiele für eine Kalte Aussperrung
- Es ereignete sich im Jahr 1971 ein großer Streik in Nordwürttemberg-Nordbaden, bei dem insgesamt 115.000 Arbeitnehmer ihre Arbeit niederlegten. Laut den Gewerkschaftsangaben waren bis zu 250.000 Arbeiter von einer Kalt-Aussperrung betroffen.
- 1978 kam es in Nordwürttemberg-Nordbaden zu einem umfangreichen Streik, bei dem insgesamt 85.000 Arbeiter ihre Arbeit niederlegten. Zusätzlich dazu wurden nach Angaben der Gewerkschaften bis zu 132.000 Personen von ihren Arbeitgebern kalt ausgesperrt.
- Der Streik im Jahr 1984 erstreckte sich über die Regionen Nordwürttemberg-Nordbaden und Hessen. Insgesamt legten 57.500 Arbeiter ihre Arbeit nieder, während die Gewerkschaftsangaben darauf hinweisen, dass bis zu 372.000 Arbeitnehmer in ganz Deutschland von einer Aussperrung betroffen waren.
Urteile zur Aussperrung
- Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.11.2018.
Streikmobilisierung auf Firmenparkplatz.
Aktenzeichen: 1 AZR 12/17. - Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 26.03.2014.
Gewerkschaftlich organisierte, streikbegleitende Flashmob-Aktionen im Einzelhandel.Aktenzeichen: 1 BvR 3185/09 - Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 26.06.1991
Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) gilt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Aktenzeichen: 1 BvR 779/85